Personzentrierte Beratung unterstützt Klienten/innen in schwierigen Veränderungs- und Orientierungsprozessen oder bei Problembewältigungen. Sie findet in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, Einrichtungen und Unternehmen statt, in speziellen Institutionen oder in selbstständigen Praxen bzw. Praxengemeinschaften. Im Gegensatz zur Therapie erstreckt sich Beratung oft nur auf kurze Zeit, ist stärker an eine bestimmte Thematik gebunden, hat oftmals mehrere Auftraggeber*innen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und ist häufig in institutionelle Rahmenkonzeptionen eingebunden, die den Beratenden auch inhaltliche Vorgaben machen.
Berater*innen mit personzentrierter Qualifikation haben umfangreiche Weiterbildungen absolviert. Sie greifen in Beratungssituationen auf die vielfältigen personzentrierten Methoden und Erkenntnisse zurück.
Personzentrierte Beratung – was ist das überhaupt?
Personzentrierte Beratung unterstützt Menschen, die Probleme in ihrer sozialen, beruflichen oder privaten Lebenswelt haben und sich dadurch in ihrer Orientierungs- und Handlungsfähigkeit eingeschränkt fühlen. Personzentrierte Beratung als sozialwissenschaftlich begründete Praxis unterscheidet sich von der Psychotherapie, baut aber ebenso wie diese auf den von Carl Rogers formulierten Bedingungen für konstruktive persönliche Veränderung auf: Menschen entwickeln und aktualisieren sich in Beziehung. Das Beziehungsangebot in der Beratung entspricht dabei einer ethischen Grundhaltung, die sich durch bedingungsfreie positive Beachtung, empathisches Verstehen und eine kongruente Selbstbeziehung der Beratenden auszeichnet. Personzentrierte Beratung ist prozessorientiert und dialogisch, sie ist keine Methode, sondern Instrument des Verstehens. Sie rückt die Person in den Mittelpunkt – nicht das Problem. Sie macht es den Klient(inn)en möglich, Gefühle zu integrieren, vorhandene Deutungsmuster zu reflektieren, neue Blickwinkel zu erschließen und dadurch selbstbestimmt entscheidungs- und handlungsfähig zu werden.
Wie geht ein/e Personzentrierte*r Berater*in in der Arbeit mit Klient(inn)en in der Regel vor?
Zunächst geht es darum, dass Berater*in und Klient*in in wechselseitigen Kontakt miteinander kommen. Anschließend ist zu klären, um welche Themen es der zu beratenden Person geht, und zu entscheiden, ob das jeweilige Beratungsangebot dafür geeignet ist. In einem nächsten Schritt gilt es, sich über die Erwartungen, Ziele und Prioritäten zu verständigen und einen Arbeitskontrakt zu vereinbaren. Der eigentliche Beratungsprozess besteht im Bemühen der beratenden Person, das Anliegen der zu beratenden Person kognitiv und emotional aus dessen innerem Bezugsrahmen heraus zu verstehen, um gemeinsam individuell passende Lösungswege zu erarbeiten und zu erproben.
Welche persönlichen Voraussetzungen sollten Personzentrierte Berater*innen mitbringen?
Neben der Fähigkeit, sich in unterschiedliche Kontexte, Lebens- und Arbeitswelten einzudenken und einzufühlen und darauf empathisch zu reagieren, sollten personzentrierte Berater*innen über ein breites Repertoire unterschiedlicher Methoden verfügen, die den Klient*innen als Angebot zur Verfügung gestellt werden können. Dieses Angebot sollte aber immer an den genannten Beziehungsbedingungen nach Rogers ausgerichtet sein und darf diese nicht verletzen. Es reicht nicht, über Methoden und Techniken zu verfügen, ohne eine dahinter stehende Theorie und ein dahinter stehendes Menschenbild zu vertreten. Der Personzentrierte Ansatz ist eine solche Fundierung.
Welche Themen / Problemfelder kommen in der personzentrierten Beratung besonders häufig vor?
Häufig geht es um persönliche Krisensituationen im Kontext von Ausbildung und Beruf. Auch private Konflikte, wie Probleme in Partnerschaft und Familie oder der Umgang mit Erkrankungen, Rehabilitation, Ernährung, Überlastung und Stress spielen eine Rolle. Ebenso sind Sinnfragen und Themen wie Selbstwert und Anerkennung für viele Klient*innen Anlass, um eine Beratung in Anspruch zu nehmen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Personzentrierte Berater*innen?
Beratung bewegt sich immer im Spannungsfeld zwischen institutionellen und gesellschaftlich-politischen Anforderungen und der Unterstützung individueller Selbstbestimmung. Zur Professionalität personzentrierter Berater*innen gehört daher neben der wissenschaftlichen Ausbildung und der Fähigkeit zu individuellem Fallverstehen auch die ethische Reflexion.
In welchen Bereichen arbeiten Personzentrierte Berater*innen?
Personzentrierte Berater*innen arbeiten in unterschiedlichen psychosozialen, pädagogischen und medizinischen Hilfesystemen, sowohl innerhalb von Institutionen wie auch als selbständige Berater*innen.
Ein Fallbeispiel aus der personzentrierten Beratung (5-stündiger Beratungsprozess):
Ein 43-jähriger Klient war lange Zeit als Projektmanager tätig, dann wegen firmenseitiger Standortschließung für ein halbes Jahr freigestellt und anschließend arbeitssuchend gemeldet. Er war bis dahin erfolgreich und hatte seinen Job gerne gemacht. In der Beratung sagte er, es beginne, ihm zuzusetzen, dass er bis jetzt noch nichts gefunden habe. Er sitze in einer „Karrierefalle“: Tendenziell sei er zu alt und überqualifiziert für die Stellenausschreibungen, auf die er sich beworben habe. Er merke auch, dass ihm die „Show“, die man machen müsse, um eingeladen zu werden, widerstrebe. Er bringe viel Erfahrung, Referenzen, exzellente Zeugnisse und Motivation für die Arbeit mit. In der Beratung erarbeitete er, dass er jemand ist, der sich fast immer mit anderen vergleicht. Er wolle sich lieber mit dem präsentieren, was er als „substanziell“ erlebt, nicht mit glatten und „wohltönenden“ Anpreisungen seiner Person. Er ging dann tiefer in die Exploration und beschäftigte sich damit, wie er zeigen könne, was ihn speziell ausmacht. Darüber bekam er wieder mehr Zugang zu seinen Ressourcen und zu seiner Erfahrung.
Literaturtipps:
Kriz, J. (2017). Subjekt und Lebenswelt: Personzentrierte Systemtheorie für Psychotherapie, Beratung und Coaching. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
McLeod, J. (2004). Counselling - Eine Einführung in Beratung. Tübingen: dgvt-Verlag.
Rogers, C. (1957) The Necessary and Sufficient Conditions of Therapeutic Personality Change app.shoreline.edu/dchris/psych236/Documents/Rogers.pdf (zuletzt aufgerufen 05.11.17)
Sander, K., & Ziebertz, T. (2010). Personzentrierte Beratung. Ein Lehrbuch für Ausbildung und Praxis. München: Juventa.
Tolan, J. (2003). Skills in person-centred counselling & psychotherapy. London: Sage.
Personzentrierte Beratung mit Kindern und Jugendlichen – was ist das überhaupt?
Personzentrierte Beratung mit Kindern und Jugendlichen ist eine professionelle Spielzeit zwischen dem Kind, dessen Entwicklung gefördert, dessen Belastung geklärt, dessen Leid bezeugt und dessen (innere und äußere) Konflikte behoben werden, und einer hoch spezialisierten Spielversteherin bzw. einem Spielversteher. Bei manchen Kindern ermöglicht diese professionell gestaltete Spiel- und Gesprächszeit – in einem dem Entwicklungsalter entsprechendem Spiel- und Gestaltungszimmer – einen anregenden und schützenden Ort, um überhaupt ins Spiel, ins Gestalten oder ins Erzählen der eigenen Sorgen zu kommen.
Im Personzentrierten Vorgehen ist es ein zentraler Wegweiser, die Sprache des Gegenübers zu finden. Die Sprache des Kindes ist zum einen der verbale und non-verbalen Austausch, zum anderen ist das Spiel und das schöpferische Gestalten die Ausdrucksform des Kindes. Im Spiel offenbart und beschäftigt sich das Kind mit:
Genauso wie ein Kind Unterstützung beim Laufen lernen benötigt, indem eine ältere, stärkere, sichere Person es an die Hand nimmt, braucht es auch Unterstützungspersonen, die ihm helfen, mit seinen Gefühlen, Empfindungen, Bedürfnissen und Sorgen umzugehen. Da Kinder existenziell auf ein menschliches Gegenüber angewiesen sind, unterstützen es die Eltern oder Pflegeeltern und andere Professionelle in den Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Manchmal benötigen Kinder ein Mehr an Begleitung in quantitativer und qualitativer Hinsicht (ein Mehr an Zeit, ein Mehr an Verstehen). Sie benötigen für ihre Entwicklung in überfordernden Situationen tragende, vertrauensvolle und manchmal eben auch professionelle Beziehungsräume.
Kinder verfügen über ein Potential zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit und zur konstruktiven Gestaltung ihres Lebens – im Personzentrierten Ansatz ist uns dies durch den Aspekt der Aktualisierungstendenz sehr bedeutsam. Gleichwohl verändern sich Kinder nicht von einem Tag auf den anderen. Ein Kind, welches in der Kita kaum spricht, benötigt einen Schutzraum, indem es sich erproben kann, um ins Erzählen zu kommen. In der Personzentrierten Beratung von Kindern wird den Kindern dieser Probe-Raum zur Verfügung gestellt und ihr Potential aktiviert: Im Spiel und in der anerkennenden, bejahenden, wertfreien Beziehung können sie neue Denk-, Fühl-, Sprech- und Handlungsmuster erproben und sich in Form von Probe-Denken, Probe-Fühlen, Probe-Sprechen und Probe-Handeln neue Strategien für ihre Persönlichkeitsentwicklung und für ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aneignen.
Wie gehen Personzentrierte Beraterinnen und Berater in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Regel vor?
Jeder Beratungsprozess ist anders, weil jedes Kind und dessen Bezugspersonen anders sind. Jede Ausgangslage im Sinne des Themas bzw. der Fragestellung des Kindes und – damit einhergehend – jede Erlebens-, Erfahrungs- und Lebenswelt der beteiligten Personen sind hochindividuell. Die Strukturen und Praktiken der Personzentrierten Beratung für Kinder und Jugendlichen müssen auf den jeweiligen Kontext bezogen angepasst werden und können nicht als Standardregeln funktionieren. Wegweiser für die gewählten Strukturen und Praktiken sind die personzentrierten Grundhaltungen, die entwicklungsförderliche Atmosphäre sowie der Anspruch der bedingungsfreien Wertschätzung der Person des Kindes, des einfühlenden Verstehens, des Authentisch-Seins der Beraterin bzw. des Beraters sowie die Sicherheit im Spiel- und Beziehungsgeschehen.
Die Beratungseinheiten mit dem Kind sind durchdrungen von Ritualen, die dem Kind Sicherheit geben: Die Materialien stehen immer am gleichen Platz, es gibt Anfangs- und Schlussrituale und beispielsweise die Einladung, dass das Kind Bestimmer der Themen im Spiel und im Gespräch ist. Das Kind, welches das Spielzimmer kommt, bringt alle gemachten Erfahrungen in den Spielraum mit und erkundet seine Welt spielend, gestaltend und reflektierend, damit es gestärkt, erfahrener, klarer und zuversichtlich daraus wieder (hervor-)geht. Das Kind, welches durch die Vertrauen generierende Beziehung zur Beraterin bzw. zum Berater gehalten wird, fühlt, dass es von ihr bzw. von ihm gesehen wird. In diesem sicheren vertrauensbasierten Raum kann die Beraterin bzw. der Berater auch gezielte Methoden zur Symbolisierung anbieten. Auf dem Familienbrett oder im therapeutischen Sandkasten beispielsweise können Familienkonstellationen, Rollenmuster und unterschiedliche teils widersprüchliche eigene Anteile sichtbar und verstehbar gemacht werden.
Welche Themen / Problemfelder kommen in der Personzentrierten Beratung mit Kindern und Jugendlichen besonders häufig vor?
Für viele Kinder gibt es die vorwiegend beschützte, glückliche, unbeschwerte und wohlbehütete Kindheit nicht. Viele sind mit Leiderfahrungen konfrontiert, die eine, ihrer Selbstaktualisierungstendenz folgende, alltägliche kindliche Lebensführung behindern und sich als fortwährend belastend bzw. überwältigend darstellen. Manche Kinder haben vielfältige Erfahrungen hinsichtlich der Dimensionen Trauer, Angst, Verletzlichkeit und Frustration. Kinder, die in die Spieleinheiten der Personzentrierten Beratung kommen, tragen häufig ein NICHT mit sich: sie kommen mit der aktuellen Situation zuhause oder in der Kita NICHT klar, sie können NICHT einschlafen, sie spielen NICHT, sie kommen mit Streitereien NICHT zurecht und fragen sich, weshalb sie beispielsweise NICHT bei ihren leiblichen Eltern leben können. Diese Beispiele lassen die Innen- und Außenperspektive anklingen, welche Gründe es gibt, professionelle Unterstützung in der Personzentrierten Beratung zu finden.
Die Innenperspektive: Kinder, die in die Personzentrierte Beratung kommen, fällt es schwer, sich der jeweiligen Situation anzupassen und sich selbst entsprechend dieser Passung zu regulieren. Diese Selbstregulationskompetenz braucht die Fähigkeit, über sich selbst und über andere nachzudenken und nachzuspüren. Manche Kinder müssen einen erheblichen Teil ihrer Gefühlswelt ‚dicht-machen‘, müssen ihre Sinneswahrnehmung spezifizieren, als Antwort auf die Lebenswelt, die sie vorfinden. Damit ein Kind sein Verhalten in der ‚äußeren Welt‘ organisieren kann, braucht es eine Organisation seiner ‚inneren Welt‘ für seine Gefühle, seine Empfindungen, seine Bedürfnisse, seine Sorgen, seine Wünsche und für seinen Willen. Die Personzentrierte Beraterin bzw. der Personzentrierte Berater ist Verbündete bzw. Verbündeter für das kindliche Erleben und seine spezifischen Fragestellungen.
Die Außenperspektive: Kinder, die Personzentrierte Beratungsangebote als Fördereinheiten wahrnehmen, haben häufig von anderen Bezugspersonen erfahren, dass sie für ihr ‚Sein‘ Ablehnung bzw. Nicht-Anerkennung erfahren: Sie sind zu laut, zu leise, zu brav, zu wild, zu angepasst, zu unangepasst oder bekommen auf ihre Fragen ungenügend Antworten. Sehr oft geht es darum, dass die Bewältigung altersentsprechender Entwicklungsaufgaben begrenzt bewältigt wurden, dass aktuelle belastende Anforderungen die Entwicklung beeinträchtigen oder dass kritische Ereignisse auf das Leben der Kinder Einfluss haben und das Kind mit den Auswirkungen ringt. Kindliches Leid kann durch unterschiedliche Phänomene beschrieben werden, die sich z. B. aus den Folgen eigener bzw. elterlicher Krankheit, elterlicher Lebenskrisen und Konflikte, Trennungen bzw. dem Scheitern von Beziehungen, Tod bzw. Verlust eines nahen Angehörigen, Mobbing, Gewalt, Ablehnung, Außenseitertum und Vernachlässigung, Migration bzw. Entwurzelung, Überbehütung und Ungerechtigkeiten ergeben. Kinder besitzen aufgrund ihres Entwicklungsalters, welches durch somatische, kognitive, emotionale Bedingtheiten bestimmt wird, in unterschiedlichen Lebensaltern (Lebensphasen) unterschiedliche Ressourcen, um auf unterschiedliche Phänomene und seelische Irritationen zu antworten. Kritische Lebensereignisse und chronische Belastungen wirken immer als akute (Dauer-) Stressoren auf das Kind. Diese reagieren mit Überforderung, wenn sie unter Bedingungen leben müssen, die ihre eigenen Möglichkeiten übersteigen und sie zur Übernahme von Aufgaben und Rollen zwingen, die nicht altersangemessen sind und „starre Kompromisse“ beim Verfolgen ihrer Selbstaktualisierungstendenz darstellen. Für das Kind ist manches Verhalten, das Erwachsene vielleicht als 'auffällig' beschreiben, eine intuitive Lösung, um eine schwierige (belastende, Angst auslösende) Situation zu bewältigen.
In welchem Bereich arbeiten Personzentrierte Beraterinnen und Berater für Kinder und Jugendliche?
Personzentrierte Beraterinnen und Berater für Kinder gehören in der Regel der Profession der Pädagogik mit spezifischen Vertiefungen an (z. B. Heil-, Kindheits- oder Sozialpädagogik) und sind im Bereich der Bildung sowie der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe tätig. In den (heilpädagogischen) Kindertagesstätten, in speziellen Fördereinrichtungen (z.B. Frühförderstellen, schulvorbereitenden Einrichtungen), in schulbegleitenden Maßnahmen, in Beratungsstellen (z.B. Erziehungsberatungsstellen, Heilpädagogische Praxen) oder im Kontext des (teil-)stationären Wohnens für Kinder und Jugendliche (z.B. Kinderheime, traumapädagogische Wohngruppen) tragen die Fachkräfte Verantwortung für die Persönlichkeitsentwicklung, die Bildungsteilhabe sowie die soziale Teilhabe der jungen Menschen. Die Personzentrierte Beratung mit Kindern und Jugendlichen stellt ein niederschwelliges Angebot im Rahmen der Leistung zur Teilhabe (SGB IX) als Sekundärprävention dar, welches in vielen Fälle ein ‚Türöffner‘ für weitere Hilfen und für eine umfassende Vernetzung ist.
Ein Fallbeispiel aus der Personzentrierten Beratung mit Kindern und Jugendlichen:
Regina ist neun Jahre alt. Sie wohnt seit ihrem dritten Lebensjahr bei Pflegeeltern. Sie sieht ihre leiblichen Eltern, die getrennt leben, nach Absprache mit dem Jugendamt – manchmal öfter, manchmal seltener. Die Besuche fordern sie sehr. Auch ihre Eifersucht auf ihre Pflegegeschwister, die ihre Eltern regelmäßig sehen, zerstören oft die guten Momente in der Pflegefamilie. In ihrer Klasse fühlt sie sich anders und sie weiß oft nicht, was sie sagen soll, wenn sie von anderen Kindern nach ihren Eltern gefragt wird. Manchmal wird sie dann traurig, manchmal wütend und manchmal dreht sie sich einfach weg und lässt die anderen Kinder irritiert stehen. Sie Pflegeeltern sorgen sich um die Entwicklung und die soziale Teilhabe von Regina. Sie erhält in einer heilpädagogischen Praxis eine Personzentrierte Beratung im Rahmen der Eingliederungshilfe (SGB IX). In den Einheiten drückt Regina ihre innere Welt aus: Gefühle der Angst, allein zu sein, der Eifersucht, nicht gesehen zu werden, ihre Wut, blöde Fragen von Kindern gestellt zu bekommen, die „keine Ahnung haben.“ Sie drückt ihre Bedürfnisse aus, einmalig und liebenswert zu sein und neugierig auf die Welt zu sein. Im Gespräch mit der Heilpädagogin werden Worte gefunden, die ihr Sicherheit geben, um selbst Klarheit zu bekommen und um anderen Kindern Antwort zu geben bzw. Grenzen zu setzen. Im Spielszenen werden die spannungsgeladenen Besuchskontakte zu ihrer leiblichen Mutter und ihrem Vater thematisiert.
Am Ende der Beratungseinheiten schreibt Regina – mittlerweile 10 Jahre alt – über die Zeit in der Personzentrierten Beratung:
„Da ist jemand. Jemand, der mir zuhört und mich versteht.
Jemand, der mich akzeptiert, so wie ich gerade bin und mich nicht anders haben will.
Jemand, der mir zur Seite steht und daran glaubt, dass ich vieles schaffen kann.
Jemand, der mich entscheiden lässt und mir hilft, Dinge selber zu tun.
Jemand, der mich nie auslacht, nie blöd über mich redet, nie dumme Fragen stellt, nie nervige Witze macht – einfach jemand, dem ich vertrauen kann.
Jemand, der mir hilft, Dinge selbst zu tun und der dafür sorgt, dass mich Mama und Papa besser verstehen. Ja, und dass ich mich selber besser verstehen kann - das auch noch.
Und: Jemand, mit dem ich unheimlich viel Schönes erleben kann.“
Literaturtipps:
Axline, V. M. (1996, 2016). Kinder-Spieltherapie im nicht-direktiven Verfahren. München: Reinhardt.
Behr, M., Hüsson, D., Nuding, D. & Wakolbinger, C. (Hrsg.) (2014). Psychotherapie und Beratung bei Kindern, Jugendlichen, Familien – Personzentrierte Beiträge aus 2 Jahrzehnten. Wien: Facultas.
Goetze, H. (2002). Handbuch der personenzentrierten Spieltherapie. Göttingen: Hogrefe.
Klees, G. (2001). Beratung für Kinder in Not. Gießen: Psychosozial-Verlag.
Weinberger, S. (2015). Kindern spielend helfen. Eine personzentrierte Lern- und Praxisanleitung. Weinheim: Beltz.
Personzentrierte Supervision: Was ist das überhaupt?
Personzentrierte Supervision richtet sich an Menschen in ihren beruflichen Bezügen. Hierbei steht eine kongruente, gerechte und partizipative Gestaltung der Arbeitswelt der betroffenen Personen, Teams und Organisationen im Fokus. Personzentrierte Supervisoren machen ihren Supervisanden ein spezifisches Beziehungsangebot. Sie begegnen ihnen mit einer respektvollen, wertschätzenden, präsenten und authentischen Haltung. Dies unterstützt die Aktualisierung der Persönlichkeit im Beruf und ihre Entwicklung. Der Blick des Supervisanden richtet sich dabei einerseits nach innen: In der Selbstexploration klärt und begreift er sich in seiner beruflichen Situation, seinem Erleben, seinem (beruflichen) Selbstkonzept. Hier kommt er sich näher und wird sich klarer. Andererseits richtet sich sein Blick nach außen und auf die Situation und Botschaft des beruflichen Gegenübers (z. B. Klienten, Kollegen, Vorgesetzte, Mitarbeiter) und die institutionellen Bedingungen (z. B. seine Rolle und seinen Auftrag, seine Rahmenbedingungen und die Organisationskultur). Für sein zukünftiges berufliches Handeln ist es wichtig, dass er die Interaktionspartner versteht und gleichzeitig die Rahmenbedingungen klärt. Auf dieser Grundlage kann er Lösungen entwickeln und professionell wachsen.
Wie geht ein personzentrierter Supervisor in der Regel vor?
Zu Beginn klären der Supervisor und sein Supervisand den Auftrag und das Ziel und vereinbaren einen Rahmen für den Supervisionsprozess. Der personzentrierte Supervisior folgt dann den Fragestellungen und Klärungswünschen des Supervisanden. Dieser ist der Themengeber und wird als Fachmann in eigener Sache angesehen: Er weiß am besten über sich Bescheid, kann selbst überprüfen, ob sich erarbeitete Lösungen für ihn und seine Situation derzeit als stimmig anfühlen. Diese gefühlte Stimmigkeit gilt als entscheidendes Qualitätskriterium für gelungene Supervision. Das berufliche Handeln wird auch reflektiert mit Blick auf die Angemessenheit und Passung mit seinem beruflichen Auftrag, seiner Rolle, seiner kollegialen Bezüge, seiner Kunden und seiner Organisation.
Welche Themen / Problemfelder kommen in der personzentrierten Supervision besonders häufig vor?
Die typischen Themenfelder in Supervisionen sind:
Vor welchen Herausforderungen stehen Personzentrierte Supervisoren in ihrer Arbeit?
Supervisoren sind über ihre Supervisanden und als Auftragnehmer von Organisationen eng gekoppelt an die aktuellen Themen der Gesellschaft und der Arbeitswelt. Hierzu zählen u. a.:
Welche persönlichen Voraussetzungen sollten personzentrierte Supervisoren mitbringen?
Personzentrierte Supervisoren verfügen über eine besondere Beratungskompetenz. Sie begegnen anderen mit Wertschätzung und Annahme, sind gut in der Lage, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen und den Supervisanden in seinem Selbstkonzept zu verstehen. Diese Haltung bringen sie auch miteinander in Konflikt stehenden Personen und Parteien entgegen. Sie sind präsent und echt und bringen sich in den Klärungsprozess ein. Sie haben Erfahrungen in der Arbeitswelt und interessieren sich für aktuelle Entwicklungen im Arbeitsleben. Sie können die Selbstklärung des Supervisanden auch mit ihrem Wissen um institutionelle Prozesse und Instrumente beruflichen Handelns unterstützen.
Ein Fallbeispiel aus der personzentrierten Supervision:
Frau S. (55 Jahre) ist seit 30 Jahren in einem großen Wohlfahrtsverband tätig, seit 14 Jahren in leitender Position. Nach einem Sabbatjahr nimmt sie eine Einzelsupervision, in der es um eine Standortbestimmung und die Klärung ihrer beruflichen Zukunft geht. Nach einem würdigenden Blick zurück sind schnell die zukünftigen Optionen im Fokus: bleiben, promovieren, sich auf eine höhere Leitungsstelle im Verband bewerben oder sich außerhalb des Verbandes zu bewerben. Die Optionen werden auf Karten notiert und von der Supervisandin im Raum angeordnet. Nacheinander stellt sie sich an den Platz und fühlt sich in die jeweilige Möglichkeit ein. Am Standort „höhere Leitungsstelle“ verweilt sie länger. Sie spürt sowohl einen Antreiber, weiterzukommen und Karriere zu machen, aber auch eine Abwertung gegenüber der Position „bleiben“ im Sinne von „sich auf den Lorbeeren ausruhen“. Sie taucht ein in die Reflexion ihrer Herkunftsgeschichte. Als Kind einer Arbeiterfamilie war eine akademische Laufbahn nicht vorgesehen. Mit ihrem Studium und ihrer Leitungsstelle hatte sie sich schon weit vom Elternhaus entfernt. Einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter konnte sie sich ebenso wenig erlauben wie sich zurückzulehnen. Nachdem ihr diese Zerrissenheit deutlich wird, kann sie anfangen, ihr Verhalten als kluge Lösungsstrategie zu begreifen. Danach wird klar, dass sich heute für sie die folgende Aussage stimmig anfühlt: „Ich erlaube mir, im vertrauten Kontext zu bleiben, mehr nach mir selbst zu schauen und in meiner Einrichtung die gewohnten Pfade zu verlassen, auch dort einmal gegen Widerstände neue Wege zu beschreiten.“ Sie entwickelt Ideen, wie sie ihre Mitarbeiterführung neu gestalten, welche konzeptionellen Veränderungen sie vornehmen und wie sie ihre Selbstfürsorge mehr in den Blick nehmen kann. Diese Energie, zuvor durch ein enges Selbstkonzept gebunden, konnte sie nutzen, um ihr berufliches Handeln zu gestalten.
Literaturtipps:
Schmid, P. (2000): Begegnung und Reflexion – Personzentrierte Supervision als Förderung der Person im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsentwicklung und Organisation. Zeitschrift Person, 2/2000.
Zimmermann-Lotz, C. und Straumann, U. (2006): Personzentriertes Coaching und Supervision – ein interdisziplinärer Balanceakt. Kröning: Asanger.
Frenzel, P. (2000): Personzentrierte Supervision: Entwicklung durch dialogische Kreation funktionaler Wirklichkeiten in Umwelten der Organisation. Zeitschrift Person, 2/2000.
Schlechtriemen, M. und Wörsdörfer, P. (2016): Den Wandel managen. In: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 4/2016.
Schlechtriemen, M. und Wörsdörfer, P. (2016): Lösungen Raum geben: Personzentrierte Supervision in der Praxis. In: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 4/2016.
Schlechtriemen, M. und Wörsdörfer, P. (2017). Neue Perspektiven entwickeln: Personzentrierte Supervision in der Praxis. In: Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung, 1/2017.
Personzentrierte Familienberatung – was ist das überhaupt?
In der personzentrierten Familienberatung entwickeln Familienmitglieder ein Verständnis unter- und füreinander. Dies geschieht unter den vom Therapeuten gewährleisteten Konditionen, den Grundhaltungen des Personzentrierten Ansatzes: bedingungslose Wertschätzung Empathie und Kongruenz. Die personzentrierten Modelle von Selbstkonzept, Aktualisierungstendenz und Inkongruenz werden hier auf die einzelnen Familienmitglieder, aber auch auf die Familie als Ganzheit angewendet. In der Beratung kommt der Beachtung von Emotionen und ihrer Wirkung auf die jeweils anderen Familienmitglieder besondere Bedeutung zu.
Wie geht ein Personzentrierter Familienberater in der Arbeit mit Klienten in der Regel vor?
Am Anfang steht die Auftragsklärung: Hier geht es darum, wie motiviert jedes Familienmitglied ist und welche Erwartungen es an den Prozess und an die anderen hat. Eine zentrale Frage kann zum Beispiel sein: „Was möchtest du, was ein anderes Familienmitglied von dir versteht?“ In den ersten Sitzungen sollte auch festgelegt werden, mit wem in der Familie gearbeitet wird und wie das Setting sein soll. So kann es je nach Entwicklungsstand oder Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder gemeinsame oder auch Einzelgespräche geben.
Welche Themen / Problemfelder kommen in der personzentrierten Familienberatung besonders häufig vor?
Familienberatung wird in unterschiedlichen Kontexten angeboten. Daher variieren auch die Anliegen der Klienten. In der öffentlichen Jugendhilfe (inkl. Familienberatungsstellen und aufsuchender Familienhilfe) spielen etwa die Erwartungen des sozialen Umfeldes (Schule, Kita, Allgemeiner Sozialer Dienst) eine Rolle. Hier geht es häufig um soziale Auffälligkeiten bei Kindern wie Aggressivität und externalisierendes (also von außen beobachtbares) Verhalten. In freien Praxen herrschen zudem oft sehr zurückgezogenes Verhalten, Schulverweigerung aber auch psychosomatische Störungen vor. Seitens der Eltern sind häufig psychosoziale Belastungen und Anpassungssituationen, die die ganze Familie betreffen, Anlass zu einer personzentrierten Familienberatung.
Vor welchen Herausforderungen stehen Personzentrierte Familienberater in ihrer Arbeit?
Bei der Arbeit mit Familien ist der Berater mit der Dynamik einer Familie konfrontiert. Daraus entsteht oft eine höhere Komplexität, als es etwa in der Einzelberatung oder -therapie der Fall ist. So sollte der Berater einerseits die Bedürfnisse jedes Familienmitgliedes erkennen, gleichzeitig aber auch vorhandene, meist dysfunktionale Interaktions- und Kommunikationsmuster oder emotionale Schemata verstehen, um diese der Familie transparent zu machen – dies immer mit dem Ziel, dass sich die Familie besser verstehen lernt und mehr Empathie füreinander empfinden kann. Personzentrierte Familienberater brauchen eine besonders stark strukturierende Haltung, müssen dabei auch Wächter über Gesprächsregeln sein und für ein Gleichgewicht unter den Familienmitgliedern sorgen.
Welche persönlichen Voraussetzungen müssen Personzentrierte Familienberater mitbringen?
Fähigkeiten wie Allparteilichkeit und ein Verständnis von Kommunikations- und Interaktionsmustern sind sehr wichtig. Zudem sollten sie in der Lage sein, ein Setting herzustellen, das alle Beteiligten als „sicheren Hafen“ erleben. Und sie sollten jeweils zu Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine passende Beziehung aufbauen können. Der differenzierte Blick zwischen den individuellen Familienkonzepten und dem sich gemeinsam entwickelnden Familienkonzept stellt eine weitere Herausforderung dar.
In welchem Bereich arbeiten Personzentrierte Familienberater?
Sie sind zum Beispiel in Familien- und Erziehungsberatungsstellen oder in freien Praxen tätig. Ebenso wird Familienberatung im Bereich der Jugendhilfe, also im „aufsuchenden Kontext“, durchgeführt.
Literaturtipps:
Hollick, Lieb, Renger und Ziebertz: Personzentrierte Familientherapie und – beratung. (erscheint Ende 2018).
Weinberger, S. & Papastefanou, C. (2008): Wege durch das Labyrinth. Personzentrierte Beratung und Psychotherapie mit Jugendlichen. Weinheim Beltz Juventa.
O’Leary, C. (2014): Paar- und Familientherapie In: Stumm, G. und ‚Keil, W.W.: Praxis der Personzentrierten Psychotherapie Springer Wien.
Gaylin, N. (2002): Der Personzentrierte Ansatz in der Familientherapie. In: Keil, W./ Stumm, G. (Hrsg.): Die vielen Gesichter der personzentrierten Psychotherapie. Wien Springer (319333).
Kemper, F. (1997). Personzentrierte Familienspieltherapie am Beispiel einer Familie mit einem zähneknirschenden Knaben. In: Boeck-Singelmann et al. (Hrsg.): Personzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen. 2. Bd. Hogrefe Verlag: Göttingen
Der Leitgedanke der Hospizarbeit ist von einem humanistischen Weltbild geprägt. Es besteht darin, dem schwer kranken und sterbenden Menschen eine Begleitung anzubieten, die es dem Einzelnen ermöglicht, seinen Lebensweg unter würdigen Bedingungen selbstbestimmt zu Ende gehen zu können. Die Angehörigen und Freunde des Sterbenden sowie sein Umfeld sind in dieses Begleitungskonzept mit eingeschlossen. Personzentrierte hospizliche Begleitung verwirklicht auch einen von Carl Rogers beschriebenen Wesenszug menschlicher Existenz, nämlich jenen, dass der Mensch in seinem Leben zutiefst auf Beziehungen ausgerichtet ist. Die achtsame Gestaltung der Beziehung ist daher die eigentliche Qualität der personzentrierten Hospizarbeit.
Sowohl im internen Umgang mit den ehrenamtlich Mitarbeitern als auch in den Dienstleistungsbeziehungen zu den betroffenen Personen lebt der Hospizgedanke von der Fähigkeit, Beziehungen herzustellen und zu ermöglichen: Beziehungen, die die einzelnen Personen in ihrer Eigenverantwortung belassen, Selbstbestimmung gewähren und sicherstellen und hierin die Würde des Menschen bewahren.
Schülerinnen und Schüler verbringen ca. 13.000 Stunden in der Schule, Lehrerinnen und Lehrer meist das Mehrfache davon. Das heißt, Schule besuchen und Schule machen ist Lebenszeit. So ist es für Lehrer und Schüler wichtig in einem offenen, wertschätzenden und respektvollen sozial-emotionalen Klima zu lernen und zu arbeiten, das keine Lernhindernisse aufbaut und negative emotionale Berufsbelastungen bei Lehrkräften vermeidet. Lehrerinnen und Lehrer befinden sich in einem Arbeitsumfeld in dem es in hohem Maße um Beziehungen geht.
Die Gesellschaft verändert sich ständig. Schule muss sich daher weiter entwickeln und auf die sich wandelnden Anforderungen reagieren. Davon ist jeder Mensch konkret betroffen: Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen, Eltern u.a.
Entscheidend für das emotionale Klima, für die Tragfähigkeit der Beziehungen, die Kooperationsbereitschaft und die Entwicklung einer Schule ist die Qualität der Kommunikation unter den betroffenen Personen. Diese sollte so gestaltet sein, dass die Beteiligten ihre Bedürfnisse artikulieren, dass sie Akzeptanz und Respekt erfahren und an der Gestaltung ihrer unmittelbaren Umwelt mitwirken können. Genau diese Qualität der Kommunikation ist Gegenstand des Personzentrierten Ansatzes (PZA). Die damit verbundenen Grundhaltungen und deren Handlungsform können erlernt und weiter entwickelt werden. Personzentriertes Arbeiten in der Schule heißt, dass die in der Schule Tätigen achtsam, einfühlsam und authentisch miteinander umgehen. Diese Grundlagen sind nicht selbstverständlich und müssen bewusst erworben werden. Eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen lässt ganz deutlich einen Schluss zu: Begegnen Lehrer ihren Schülern einfühlsam und achtsam, verbessert sich das seelische Befinden der Schüler, ebenso auch deren Gesundheit und ihr Selbstvertrauen; Störverhalten und Aggressivität nehmen ab, die fachlichen Leistungen verbessern sich. Kurz gesagt führen personzentrierte Grundhaltungen dazu, dass Schüler sich in der Schule wohlfühlen. Gleichzeitig verbessern sich auch das Schulklima, die Arbeitssituation der Lehrerinnen und Lehrer und die Zusammenarbeit im Kollegium sowie die Kooperation mit den Eltern. Die Anwendung personzentrierter Prinzipien ist daher auch ein Beitrag zur Psychohygiene und Gesundheitsförderung an der Schule.
Für die Lehrkräfte ist die Anwendung personzentrierter kommunikativer Kompetenzen ein nachweisbarer Berufsvorteil. Dasselbe gilt für Schulleitungen, die personzentriert führen. Hierzu hat die GwG in ihrer Arbeitsgruppe Schule Konzepte, Curricula und konkrete Materialien bereitgestellt. Personzentrierte Kompetenzen sind in allen Arbeitssituationen in der Schule nützlich und hilfreich: im Unterricht, in Besprechungen, Konferenzen, in Gremien und besonders auch bei Konfliktregelungen. Dabei ist personzentriertes Miteinander keine Technik, sondern Grundlage und Rahmenbedingung für konstuktive menschliche Begegnungen.
Von der AG Schule in der GwG, die seit über 20 Jahren besteht, wurde ein Curriculum „Personzentrierte Beratung und Kommunikation in der Schule“ entwickelt. In drei Modulen à 16 Stunden werden die Grundlagen des PZA im Tätigkeitsfeld Schule vermittelt. Das Curriculum ist so konzipiert, dass sich die Kursleitenden auf das jeweilige Arbeitsfeld bzw. die Schulformen der Teilnehmenden einlassen können und so die speziellen Belange der jeweiligen Schule bzw. der Teilnehmenden Berücksichtigung finden.
Für weitere Infos zur Personzentrierten Schule wenden Sie sich bitte an die GwG-Geschäftsstelle:
Edith Brandt
Tel.: 0221 92590850
Mail: brandtgwg-ev.org
Personzentrierte Elternschule – was ist das überhaupt?
Die Personzentrierte Elternschule (PzE) ist ein spezielles Angebot der GwG. Es basiert auf dem psychologisch-pädagogischem Konzept des Personzentrierten Ansatzes nach Carl Rogers und ist vor allem gekennzeichnet durch die Werthaltungen Empathie, Kongruenz und Wertschätzung. Dabei geht es darum, Eltern zu befähigen, sich in ihre Kinder hineinzuversetzen, in Kontakt mit ihren eigenen Gefühlen zu kommen und ihre Positionen klar auszudrücken, damit sich Beziehung innerhalb der Familie entwickeln kann und ein Miteinander entsteht. In dieser konsequent beziehungsorientierten Ausrichtung liegt die besondere Stärke der PzE. Die Eltern erfahren sich dabei in ihrer Gesamtpersönlichkeit und ihren verschiedenen Rollen. Sie erleben den Zusammenhang zwischen ihrer eigenen Biografie und ihrem Erziehungsverhalten. Die daraus folgende Veränderung der Wahrnehmung hilft den Eltern dabei, ihre Persönlichkeit zu stärken. Sie entwickeln neue Kompetenzen und werden befähigt, ihr eigener „Ratgeber“ zu sein.
Wie geht ein Berater in der Arbeit mit Eltern im Sinne der Personzentrierten Elternschule vor?
Die PzE gliedert sich in acht Bausteine. Jedes Treffen besteht aus einem Informationsteil und einem erlebnisaktivierenden Teil, in dem die Teilnehmer in Kleingruppen und Rollenspielen arbeiten. In einem Abschlussplenum werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Der Personzentrierte Berater ist dabei vor allem Modell für einen wertschätzenden, empathischen und ehrlichen Umgang der Teilnehmer miteinander. Er sorgt für ein Klima des Vertrauens und einen achtsamen, einfühlenden respektvollen Umgang miteinander. Er macht keine Vorschläge, sondern stärkt die Ressourcen der Eltern und fördert ihre Wahrnehmung und ihr Selbstvertrauen. Dabei schafft er einen Raum für den einzelnen, behält den Gruppenprozess im Blick und achtet darauf, dass am thematischen Ziel jedes Treffens gearbeitet wird.
Welche Themen kommen in der Personzentrierten Elternschule besonders häufig vor?
In das Konzept der PzE sind neben wissenschaftlichen Erkenntnissen vor allem Erfahrungen aus der praktischen Arbeit mit Eltern eingeflossen. Viele Eltern sind beispielsweise verunsichert beim Thema Grenzen-Setzen. Diesem Thema ist ein eigener Baustein gewidmet. Auch die Erwartungen der Eltern an ihre Kinder spielen eine Rolle. Hinzu kommt die Frage, welchen Einfluss Kinder auf die Partnerschaft der Eltern haben. Weitere Aspekte sind Strafen und Drohungen in Konflikten mit Kindern sowie das Thema Autoritätsverlust.
Vor welchen Herausforderungen stehen Personzentrierte Berater in der Arbeit mit Eltern?
Eltern stehen unter dem Druck, alles richtig zu machen. Sie wollen das Beste für ihr Kind. Für das Eltern-Sein sind sie aber nicht ausgebildet und so erwarten sie vom Berater schnelle Lösungen für das Problem: klare Verhaltensanweisungen zum Beispiel oder ein „Rezept“. Der Berater muss diesen Forderungen widerstehen und die Eltern dazu befähigen, ihren individuellen Weg zu finden.
Ein Fallbeispiel aus der Personzentrierten Elternschule:
In Baustein 2 der PzE geht es beispielsweise um die Schulung der Wahrnehmung: Hier wird als methodisches Mittel häufig ein sogenanntes „Kippbild“ eingesetzt, das je nach Wahrnehmung eine alte oder eine junge Frau zeigt. Eine Teilnehmerin konnte sich nicht davon lösen, in dem Bild ausschließlich die junge Frau zu sehen – auch nicht unter Hilfestellungen der anderen Eltern. In dem Treffen ging es weiter darum, wie Eltern ihre Kinder wahrnehmen und wie sie deren Verhalten womöglich auch aus einem anderen Blickwinkel sehen können. Die junge Mutter tat sich schwer damit. Im Plenum am Ende des Treffens meldet sie – nachdenklich, aber auch erleichtert über ihr diese neue Erfahrung – zurück: „Ja, genau so, wie ich das Kippbild immer nur in einer Weise sehen konnte, sehe ich mein Kind auch immer nur in der gleichen Weise. Ich bin gar nicht offen. Ich sehe immer alles nur so, wie ich es will …“.
In welchem Kontext kann die Personzentrierte Elternschule stattfinden?
Die PzE wird in vielen psychosozialen Bereichen angeboten: zum Beispiel in Familienberatungsstellen, Kindertagestätten, Schulen, Ambulanzen oder psychiatrischen Kliniken, aber auch in freier Praxis und im Rahmen des sozialpsychiatrischen Dienstes, zum Beispiel in Mutter-Kind-Gruppen.
Nähere Informationen und nächster Kurstermin für die Fortbildung "Personzentrierte Elternschule - Qualifizierungskurs" finden Sie unter Fortbildung.
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