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Vortrag Prof. Dr. Jürgen Kriz (DVD)

10. Fortbildungstage 2010

Die Vielfalt des Personzentrierten Ansatzes in Beratung und Psychotherapie und die Utilisierung durch andere

Ein gegrillter Schneeball
In seinem Vortrag "Die Vielfalt des Personzentrierten Ansatzes in Beratung und Psychotherapie und die Utilisierung durch andere" sprach Jürgen Kriz von einer Art Mythos", wonach "alle, die von Carl Rogers sprechen, auch dasselbe meinen." Das genau sei ein Problem. Die Nutzung des Personzentrierten Ansatzes durch andere habe dabei nicht nur negative, sondern auch positive Aspekte. "Vielleicht", so der Psychologe, "fände es Carl Rogers sogar gut, dass sein Personzentrierter Ansatz selbstverständlich geworden ist." Dass allerdings die Verhaltenstherapeuten alles übernehmen und vereinnahmen – Beziehung als Wirkprinzip, Verstehen, Achtsamkeit und andere personzentrierte Grundlagen – das sei fachwissenschaftlich ein unauflösbarer Widerspruch, weil der Verhaltenstherapie zu einer unverfälschten Adaption die erforderlichen theoretischen Grundlagen fehlten. Beziehung als Agens von Veränderung und Verhaltenstherapie - das sei ein Widerspruch in sich selbst wie ein "gegrillter Schneeball". 

Im Gegensatz dazu stünden die Ausdifferenzierungen des Personzentrierten Ansatzes: Focusing, emotionsfokussierte Therapie, Prozessorienterte Psychotherapie oder auch Klärungsorientierte Psychotherapie – diese seien Weiterentwicklungen, die die Substanz des Ansatzes berücksichtigten und ihn weiterentwickelten. Dazu zählten auch die störungsspezifischen Ansätze. Er verglich dies mit der Weiterentwicklung guter Theaterstücke, die zeitgemäß eben immer wieder neu inszeniert würden. 
 

Übernehmen und gleichzeitig abwerten
Was den Wissenschaftler irritiert, ist das "Übernehmen des Ansatzes bei gleichzeitigem Abwerten des Originals." Dies sei eine klare Negativ-Utilisierung. Dennoch: Grundsätzlich habe er keine Angst um den Personzentrierten Ansatz. Er überlegte laut, ob die aktuelle "dritte Welle" der Verhaltenstherapie die Gesprächspsychotherapie überflüssig machen oder ersetzen könne: Der Verhaltenstherapie fehle es an theoretischen Konzepten, als dass sie das realisieren könne, was ihr in einer Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer zugeschrieben werde: "Der Therapeut ist angehalten, möglichst echt und authentisch in die Kommunikation mit Patienten zu kommen." Das gelte in gleicher Weise für die Zuschreibung der "therapeutischen Beziehung als Mittel zur (Verhaltens-)Therapie".

"Was ist zu tun?", fragte Jürgen Kriz. Drei Antworten gab er darauf: Den Beratungsbereich stärken, die Anerkennung der Gesprächpsychotherapie als Kassenverfahren weiter vorantreiben, die Nicht-Richtlinien-Therapien stärken. Schließlich, so beendete Jürgen Kriz seine Ausführungen, "dachte Carl Rogers nicht im engen Korsett der Richtlinienverfahren."


Über Prof. Dr. Jürgen Kriz:

geboren 5. 12. 1944 (in EHRHORN / Soltau, BRD)

  • 1964-65 (3 Sem.) Studium Psychologie u. Sozialpädagogik, Universität HAMBURG
  • 1965-68 Studium Psychologie, Pädagogik u. Philosophie, sowie als 2. Hauptfachschwerpunkt: Astronomie/ Astrophysik, Universität WIEN
  • Jan.1969 Promotion zum Dr.phil. in dieser Fächerkombination Dissertation über Entscheidungstheorie Hauptrigorosum in Psychologie, Pädagogik und Philosophie: Einstündig. Rigorosum in Allg. Astronomie und Astrophysik
  • 1967-70 Scholar (67/68) and Forschungs-Assistent (68-70) am "Institut für höhere Studien und wissenschaftliche Forschung" (Institute for Advanced Studies) Wien, Abt. Rechenzentrum. Mitarbeit an und Supervision von Forschungsprojekten bes. in den Abteilungen Soziologie und Politologie (u.a. mit James Coleman, Paul Lazarsfeld, Oskar Morgenstern, Anatol Rappaport, Aaron V. Cicourel)
  • 1970-72 Wiss.Rat (ab 4.71: Wiss. Oberrat) am "Seminar für Sozialwissenschaften" der Universität Hamburg, Fächerschwerpunkt Empirie, Statistik, EDV
  • 1972-74 Professor (C3) für Statistik an der "Fakultät für Soziologie", Universität Bielefeld
  • 1974-99 o.Professor (C4) für "Empirische Sozialforschung und Statistik und ihre wissenschaftstheoretischen Grundlagen" im Fachbereich Sozialwissenschaften, Universität Osnabrück
  • seit 1980/81 im Zuge der Neuschneidung der FB: korporationsrechtliche Übersiedelung in den FB Psychologie, Fach: Klinische Psychologie/Interventionsmethoden (mit 4 SWS wurde von mir weiterhin am Fachbereich Sozialwissenschaften Empirische Forschungsmethoden / Statistik / Wissenschaftstheorie vertreten).
  • Seit 1999 gänzliche Übersiedelung in den FB Psychologie Umdenomination der Professur in „Psychotherapie und Klinische Psychologie“
  • Seit 1999 Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten

Visiting-/Gast-Professuren:

  • 1977 Gastprofessor am Institute for Advanced Studies, Wien, Abt. Soziologie
  • 1992/93 1-jährige Gastprofessur an der Universität Wien SS 94, WS 94/95 und SS 95 Lehrauftrag an der Universität Wien in Systemtheorie am Institut für Psychologie sowie Institut für Wissenschaftstheorie
  • Seit 1998 im Sommer Unterricht an der der EGS (European Graduate School) in SaasFee u.a. in Forschungsmethoden im Postgraduierten-Programm („Senior Advisor“ im PhD-Programm)
  • 2002 (WS) Gastprofessor Appalachian State Univ. (Boone/ NC)
  • 2002/2003 Lehrauftrag an der ETH und Universität Zürich (Systemtheorie und Psychologie)
  • 2003 „Paul-Lazarsfeld-Gastprofessur“ der Universität Wien SS 2004/ 05/ 06/ 07 /08 Lehrauftrag Uni Wien, Psychologie (offen für andere Doktoranden): Methodenseminare für Doktoranden / Systemtheorie für Doktoranden
  • 2009 Erasmus-Prof. Univ. Riga/ Lettland

ferner:

  • 1994-96 Leiter eines internat. Expertenkomitees "Wissen und Handeln" im Rahmen der "Wiener Internationalen Zukunftskonferenz (WIZK)"
  • 1998 Forschungssemester: Vorträge an etlichen Unis in USA u. Canada
  • Über 150 eingeladene Vorträge im letzten Jahrzehnt
  • Gutachter vielfach für Stiftung Warentest, für die VW-Stiftung, für den "Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung" Österreich, für den Schweizer Nationalfond, im Rahmen von Akkreditierungen
  • Aus der ständigen Mitwirkung in zahlreichen Universitätsgremien, teils leitend, bemerkenswert davon:
  • 1977-80 Vorsitzender des Vorstandes des Regionalen Hochschulrechenzentrums Oldenburg/Osnabrück
  • (Verbund-Rechenzentrum für 5 Hochschulen plus Außenstellen in West-Niedersachsen).
  • 1982/83 und 94/95 Dekan des FB Psychologie, 2003/4 Vors. Der Fachkomm. Psychologie

Auszeichnungen:

  • 2001 Ehrenmitglied der Deutschen Systemischen Ges. (Berlin)
  • 2002 Transfer-Preis der Universität Osnabrück (f.d. Transfer meiner Forschungsarbeiten in andere Bereiche)
  • 2004 Ehrenmitgliedschaft der GLE international (Ges.f. Logotherapie und Existenzanalyse)
  • 2005 Viktor-Frankl-Preis der Stadt Wien

Mitgliedschaften etc.

  • Deutsche Ges. f. Soziologe (hier auch der Methodensektion)
  • Internat. Sociological Ass., hier auch der COCTA (Comittee of Conceptual and Terminological Analysis) (1991 – 2000 "COCTA BOARD MEMBER" )
  • Deutsche Ges. f. Psychologie
  • GwG (Ges.f. wissensch. Gesprächspsychotherapie) GTA (Ges.f. Gestalttheorie),
  • Humboldt-Gesellschaft
  • WAPCEPC (World Ass.f. Person-Centered & Experiential Psychotherapy and Counseling)
  • 2001 - 2010: Kammerversammlung d. Niedersachsächs. Psychotherapeutenkammer
  • 2003 - 2008: Sprecher .des. Wiss. Beirates der GwG
  • 2004 - 2008: Wiss. Beirat Psychotherapie (§ 11 PsychThG)

Herausgeber

  • ab 1994 (Mit)Herausgeber (94-99 geschäftsführend) von "Gestalt Theory" (Westdt.Verlag/ Krammer ),
  • 1986-2000 (Mit)-Mitherausgeber von "System Familie" (Springer),
  • 1988-94 Mitherausgeber der Buchreihe zur Familientherapie (Asanger)
  • 1988-94 Mitherausgeber der Buchreihe "Forschung Psychologie" (Asanger)
  • 2001 - Mitherausgeber der Buchreihe „Familienpsychologie, Familientherapie, Systemische Therapie“
  • 2003 - Co-Editor von „Psychotherapie: Ansätze und Akzente“ WUV / UTB
  • 2008 - Herausgeber der Reihe „Basiswissen Psychologie“ VS Verlag

Mitglied des wiss. Beirates von

  • „Psychotherapeut“ (Springer)
  • „Integrative Psychotherapie“ (Junfermann)
  • „Existenzanalyse“ (Wien)
  • „Person-Centered and Experiential Psychotherapy“
  • “PERSON”
  • “Familiendynamik” (Klett)

20 Bücher (insges. weit über 100.000 Expl.) und rund 250 wiss. Beiträge

 

Spieldauer: ca. 59 Min.

Köln 2010, GwG-Verlag

Artikel-Nummer:
FOBI-V-JK 2010
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