Die Mittelknappheit im Gesundheitswesen ist allgegenwärtig. Effizienzsteigerungen und Rationalisierung sind die Mittel die üblicher Weise zum Einsatz kommen. Insider beklagen aber seit langem, dass es längst, wenn auch meist verdeckt, Rationierungen im Sinne der Vorenthaltung sinnvoller Behandlungen gibt. Die offizielle Gesundheitspolitik bestreitet dies und sagt, jeder Patient bekomme, was notwendig sei. Dabei sieht das Gesetz seit 2007 Kosten - Nutzen -Bewertungen von Arzneimitteln vor, die eine Nutzenmaximierung bei Ausschluss bestimmter Leistungen erlauben. Damit steht ein Instrumentarium zur Verfügung, das fundamentale Fragen der Gerechtigkeit aufwirft.
Auch das Konzept der Selbstbestimmung, das als Basis jeder zukunftsorientierten Gesundheitsversorgung gelten kann und das Ausgangspunkt aller personzentrierten Therapieansätze ist, kollidiert mit Konzepten der Vorenthaltung von medizinisch sinnvollen Leistungen der gesundheitlichen Versorgung. Dies gilt insbesondere auch für die besonders vulnerablen Patientengruppen, wie Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen mit Behinderung, Demenzbetroffene und geriatrische Patienten. Das Selbstbestimmungspostulat bedeutet für diese Patientengruppen, dass mehr Zeit und mehr Kenntnisse, kurz mehr Ressourcen, notwendig sind, um zu personzentrierten Entscheidungen zu kommen und das Gebot der Gleichbehandlung einzuhalten. Wie sollen in Zukunft Entscheidungen über eine gerechte Verteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen getroffen werden?
Über Dr. Michael Wunder:
Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut in der Evangelischen Stiftung Alsterdorf / Hamburg (dort seit 1998 Leitung des Beratungszentrums), seit 1990 Leitung des Projekts Rumänienhilfe der Evangelischen Stiftung Alsterdorf, 2000-2005 Mitglied der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages, 2008 Berufung in den Deutschen Ethikrat durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages
Gesamtdauer ca. 1 Std. 44 Min., davon ca. 1 h 5 Min. Vortrag, ca. 39 Min. Fragen und Antworten
Köln 2011, GwG-Verlag
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